
Drei Alarmzeichen, dass der Turnaround mit der aktuellen Geschäftsleitung misslingen wird
«Lässt sich das Unternehmen überhaupt retten?»
Bevor ein Turnaround in Angriff genommen wird, muss diese Frage geklärt werden. Bei einer Verneinung wird eine Schliessung der Firma in Erwägung gezogen. Beim Beantworten der Frage stehen finanzielle Überlegungen im Vordergrund. Das reicht aber nicht. Denn ob ein Unternehmen saniert werden kann, hängt auch von der Einstellung und dem Verhalten der Geschäftsleitung ab. Es gibt drei Alarmzeichen, die darauf hinweisen, dass ein Turnaround mit der momentanen Geschäftsleitung mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern wird.
Die unterschätzte Dimension im Turnaround: Menschen
Ein Turnaround benötigt konsistente und teilweise harte Massnahmen. Diese Massnahmen müssen in der Summe dazu führen, dass das Unternehmen finanziell stabil wird. Neben der finanziellen Logik geht jedoch oft vergessen, dass die Massnahmen auch von jemandem umgesetzt werden müssen: Der Geschäftsleitung und den Mitarbeitenden. Während der Umsetzung des Turnarounds steigt der Arbeitsaufwand aller Mitarbeitenden für längere Zeit an. Die Unsicherheit wächst. Um diese Belastungen in Kauf zunehmen und bewältigen zu können, braucht es eine Verzichtbereitschaft bei der ganzen Belegschaft. Und diese kann nur durch vollumfängliche Unterstützung des Turnarounds durch die Mitarbeitenden entstehen.
Hierbei kommt der Geschäftsleitung eine grosse Rolle zu. Sie bestimmt die Kommunikation im Unternehmen und hat eine starke Vorbildfunktion. Es ist wichtig, dass sie vollumfänglich hinter dem Turnaround steht und bereit ist, harte Massnahmen zu treffen und umzusetzen. Sie muss die Mitarbeitenden transparent informieren und begleiten und selbst mit Verzichtbereitschaft vorangehen.
Drei Alarmzeichen in der Geschäftsleitung, die die Sanierungsfähigkeit untergraben
Bei der Geschäftsleitung gibt es klare Alarmzeichen, dass die Sanierungsfähigkeit mit der momentanen Belegschaft nicht gegeben und der Turnaround zum Scheitern verurteilt ist:
- Keine oder geschönte Kommunikation zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens: Wissen die Mitarbeitenden nichts über die schwierige wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens, ist dies ein schlechtes Zeichen. Es zeigt, dass es bis anhin kein ernsthaftes Bestreben zur Verbesserung der Lage gab. Denn ohne die Mitarbeitenden ist ein Turnaround nicht zu bewerkstelligen. Und um die Mitarbeitenden zu gewinnen, ist transparente Kommunikation entscheidend. Wichtig ist zu verstehen, dass es nicht darum geht, die Mitarbeitenden in Panik zu versetzen, sondern diese frühzeitig sachlich zur herausfordernden wirtschaftlichen Lage zu informieren. Wurde dies bis anhin nicht gemacht, werden die Mitarbeitenden die Dringlichkeit der Situation unterschätzen, weniger Akzeptanz für harte Massnahmen aufbringen und das Vertrauen in die Geschäftsleitung zumindest zu einem Teil verlieren. Das ist Gift für einen Turnaround.
- Zu grosses Harmoniebedürfnis gegenüber allen Stakeholdern: Eine Geschäftsleitung, die es allen Stakeholdern zu jeder Zeit recht machen will, ist für eine Turnaround-Situation nicht geeignet. In Turnaround-Situationen ist eine klare Priorisierung zur Sicherung der Überlebensfähigkeit des Unternehmens notwendig. Das bedeutet, dass von Mitarbeitenden mehr gefordert wird und Entlassungen teilweise unumgänglich sind. Bei den Kunden müssen oft Rabattanpassungen oder Preiserhöhungen durchgesetzt werden, was kaum für Jubelsprünge sorgen wird. Diese Spannungen gilt es auszuhalten und gekonnt zu managen. Hierfür empfiehlt sich übrigens eine Mischung aus zahlenbasierter und empathischer Kommunikation. Im folgenden Blogbeitrag bin ich vertiefter auf dieses Konzept eingegangen: Die Macht der Zahlen - warum zahlenbasierte Unternehmensführung unverzichtbar ist. Eine Geschäftsleitung, die es allen Stakeholdern Recht machen will, wird die notwendigen harten Massnahmen nicht umsetzen und den Turnaround damit an die Wand fahren.
- Forderungen an die Belegschaft ohne eigene Verzichtbereitschaft: Sind Geschäftsleitungsmitglieder nicht bereit, auf einige ihrer Privilegen zu verzichten, werden die Mitarbeitenden nicht bereit sein, mehr als üblich zu leisten, um den Karren aus dem Schlamm zu ziehen. Die Vorbildfunktion der Geschäftsleitung im Turnaround kann nicht hoch genug gewertet werden. Eine Verzichtbereitschaft kann auf unterschiedliche Weise gezeigt werden: Eigene Lohnkürzungen oder Lohnaufschiebungen, längere Arbeitszeiten inkl. Sichtbarkeit im Büro, Privilegienverzicht (z.B. Verzicht auf üppige Geschäftsessen, Verzicht auf 1. Klasse GA, Verzicht auf Privatgebrauch von Geschäftsauto) etc. Ist keine solche Verzichtbereitschaft erkennbar, oder werden sogar gegenteilige Massnahmen (z.B. Lohnerhöhungen von Geschäftsleitungsmitgliedern) durchgeführt, wird der Turnaoud mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern.
Wir halten fest: Wenn die Geschäftsleitung die herausfordernde wirtschaftliche Lage des Unternehmens intern nicht kommuniziert hat, ein zu grosses Harmoniebedürfnis gegenüber den Stakeholdern aufweist und keine eigene Verzichtbereitschaft an den Tag legt, ist ein Turnaround mit der aktuellen Belegschaft mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht zu bewerkstelligen.
Was ist mit dem Verwaltungsrat?
Auch der Verwaltungsrat muss bei einem Turnaround mitziehen, vor allem der Präsident. Ein Turnaround ist kein Normalbetrieb. Der Verwaltungsrat muss bereit sein, mehr zu leisten, näher dran zu sein, sich mit der Lage aktiv auseinanderzusetzen. Der Turnaround kann nur gestemmt werden, wenn der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden am selben Strang ziehen, um das Unternehmen wieder erfolgsversprechend aufzustellen.
Fazit: Sanierungsfähigkeit braucht Finanzen und Menschen
Ohne finanzielle Voraussetzungen gibt es kein Fundament für einen Turnaround. Ohne die Menschen gibt es keine Bewegung, um auf diesem Fundament aufzubauen und den Turnaround erfolgreich durchzuführen.
Sanierungsfähigkeit entsteht dort, wo wirtschaftliche Logik auf glaubwürdige Führung trifft. Nur wer in der Krise vorangeht, kann Gefolgschaft erwarten!