
Drei Alarmzeichen in der Geschäftsleitung, die den Turnaround scheitern lassen
«Lässt sich das Unternehmen überhaupt retten?» Bevor wir einen Turnaround in Angriff nehmen, klären wir diese Frage ab. Bei einer Verneinung wird eine Schliessung der Firma in Erwägung gezogen. Beim Beantworten der Frage stehen finanzielle Überlegungen im Vordergrund. Das reicht aber nicht. Denn ob ein Unternehmen saniert werden kann, hängt auch von der Einstellung und dem Verhalten der Geschäftsleitung ab. Es gibt drei Alarmzeichen, die darauf hinweisen, dass ein Turnaround mit der momentanen Geschäftsleitung mit grosser Wahrscheinlichkeit scheitern wird.
Was bedeutet Sanierungsfähigkeit?
Sanierungsfähigkeit beantwortet die Frage: Kann dieses Unternehmen realistisch aus eigener Kraft oder mit unterstützender Begleitung wieder in eine stabile, tragfähige Lage kommen? Es geht um die Umsetzung der Gesundung in der Wirklichkeit und nicht nur in der Theorie.
Wie Sanierungsfähigkeit beurteilt wird und was oft vergessen geht
Für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit werden in erster Linie finanzielle Kriterien verwendet. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein Turnaround gelingen kann:
- Ein Geschäftsmodell mit zukünftigem Ertragspotenzial
- Operative Hebel, die schnell wirken (z.B. Fixkostensenkung)
- Liquiditätsspielraum oder gesicherte Zwischenfinanzierung
- Ein tragfähiger, nachvollziehbarer Massnahmenplan
Damit muss nachgewiesen werden können, dass nach der Durchführung des Turnarounds genügend Erträge und Cash-Flows erzielt werden können, um das Unternehmen nachhaltig profitabel zu führen.
Doch das allein reicht nicht. Denn Sanierungsfähigkeit ist nicht nur Machbarkeit, sondern auch Umsetzbarkeit. Und hier beginnt der menschliche Teil.
Die unterschätzte Dimension: Menschen
Viele Sanierungen scheitern nicht an der finanziellen Logik, sondern an den direkt beteiligten Menschen: der Geschäftsleitung und den Mitarbeitenden.
Wenn eine Krise eintritt, suchen Menschen häufig nach einem Wundermittel, um die Krise mit einem Schlag zu besiegen. Dasselbe ist oftmals bei Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu beobachten: Sie versuchen den Turnaround mit einem grossen Wurf, einem Wundermittel, herbeizuführen.
Es gibt jedoch kein Wundermittel! Es braucht mehrere konsistente und teilweise harte Massnahmen, um einen erfolgreichen Turnaround zu erzielen. Der Arbeitsaufwand aller Mitarbeitenden steigt während der Umsetzung des Turnarounds für längere Zeit an. Es braucht deshalb eine Verzichtbereitschaft bei der ganzen Belegschaft. Dies kann nur durch vollumfängliche Unterstützung des Turnarounds durch die Mitarbeitenden erfolgen.
Lasst mich das nochmal wiederholen, da es sehr wichtig ist: Es gibt kein Wundermittel für einen Turnaround. Es braucht konsistente Massnahmen über eine längere Zeit, um den Turnaround herbeizuführen.
Der Geschäftsleitung kommt hierbei eine grosse Rolle zu. Sie bestimmt die Kommunikation und hat eine starke Vorbildfunktion. Es ist wichtig, dass sie vollumfänglich hinter dem Turnaround steht und bereit ist, harte Massnahmen zu treffen und umzusetzen. Sie muss die Mitarbeitenden transparent informieren und begleiten und selbst mit Verzichtbereitschaft vorangehen.
Drei Alarmzeichen in der Geschäftsleitung, die die Sanierungsfähigkeit untergraben
Bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit ist neben den finanziellen Kriterien zu bewerten, ob die Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden den Turnaround unterstützen und eine Verzichtbereitschaft aufweisen. Bei der Geschäftsleitung gibt es klare Alarmzeichen, dass die Sanierungsfähigkeit mit der momentanen Belegschaft nicht gegeben und der Turnaround zum Scheitern verurteilt ist.
- Keine oder geschönte Kommunikation zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens: Wissen die Mitarbeitenden nichts über die schwierige wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens, ist dies kein gutes Zeichen. Es zeigt, dass es bis anhin kein ernsthaftes Bestreben zur Verbesserung der Lage gab. Denn ohne die Mitarbeitenden ist ein Turnaround nicht zu bewerkstelligen. Und um die Mitarbeitenden zu gewinnen, ist transparente Kommunikation entscheidend. Ausserdem deutet es auf eine erhebliche Informationsasymmetrie im Unternehmen hin. Die Mitarbeitenden werden sich kaum für das finanzielle Ergebnis des Unternehmens mitverantwortlich fühlen, wenn sie dieses nicht kennen. Sie werden zudem die Dringlichkeit der Situation unterschätzen, weniger Akzeptanz für harte Massnahmen aufbringen und das Vertrauen in die Geschäftsleitung zumindest zu einem Teil verlieren.
- Zu grosses Harmoniebedürfnis gegenüber allen Stakeholdern: Eine Geschäftsleitung, die es allen Stakeholdern zu jeder Zeit recht machen will, ist für eine Turnaround-Situation nicht geeignet. In Turnaround-Situationen ist eine klare Priorisierung zur Sicherung der Überlebensfähigkeit des Unternehmens notwendig. Das bedeutet, dass von Mitarbeitenden mehr gefordert wird und Entlassungen teilweise unumgänglich sind. Bei den Kunden müssen oft Rabattanpassungen oder Preiserhöhungen durchgesetzt werden, was kaum für Jubelsprünge sorgen wird. Diese Spannungen gilt es auszuhalten und gekonnt zu managen. Hierfür empfiehlt sich übrigens eine Mischung aus zahlenbasierter und empathischer Kommunikation. Im folgenden Blogbeitrag bin ich vertiefter auf dieses Konzept eingegangen: Die Macht der Zahlen - warum zahlenbasierte Unternehmensführung unverzichtbar ist
- Forderungen an die Belegschaft ohne eigene Verzichtbereitschaft: Sind Geschäftsleitungsmitglieder nicht bereit, auf einige ihrer Privilegen zu verzichten, werden die Mitarbeitenden nicht bereit sein, mehr als üblich zu leisten, um den Karren aus dem Schlamm zu ziehen. Die Vorbildfunktion der Geschäftsleitung im Turnaround kann nicht hoch genug gewertet werden. Eine Verzichtbereitschaft kann auf unterschiedliche Weise gezeigt werden: Eigene Lohnkürzungen oder Lohnaufschiebungen, längere Arbeitszeiten inkl. Sichtbarkeit im Büro, Privilegienverzicht (z.B. Verzicht auf üppige Geschäftsessen, Verzicht auf 1. Klasse GA, Verzicht auf Privatgebrauch von Geschäftsauto) etc.
Wir halten fest: Wenn die Geschäftsleitung die herausfordernde wirtschaftliche Lage des Unternehmens intern nicht kommuniziert hat, ein zu grosses Harmoniebedürfnis gegenüber den Stakeholdern aufweist und keine eigene Verzichtbereitschaft an den Tag legt, ist ein Turnaround mit der aktuellen Belegschaft mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht zu bewerkstelligen.
Was ist mit dem Verwaltungsrat?
Auch der Verwaltungsrat muss bei einem Turnaround mitziehen, vor allem der Präsident. Ein Turnaround ist kein Normalbetrieb. Der Verwaltungsrat muss bereit sein, mehr zu leisten, näher dran zu sein, sich mit der Lage aktiv auseinanderzusetzen. Der Turnaround kann nur gestemmt werden, wenn der Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung und die Mitarbeitenden am selben Strang ziehen, um das Unternehmen wieder erfolgsversprechend aufzustellen.
Fazit: Sanierungsfähigkeit braucht Finanzen und Menschen
Ohne finanzielle Voraussetzungen gibt es kein Fundament für einen Turnaround. Ohne die Menschen gibt es keine Bewegung, um auf diesem Fundament aufzubauen und den Turnaround erfolgreich durchzuführen.
Sanierungsfähigkeit entsteht dort, wo wirtschaftliche Logik auf glaubwürdige Führung trifft. Nur wer in der Krise vorangeht, kann Gefolgschaft erwarten!